Atrax sp

Erstellt: Tox-Mü Wagner Ph.; Kleber J.J. Nov. 98

TOXIKOLOGIE
Verwechslungsgefahr mit Vogelspinnen, da ziemlich groß und  von ähnlicher Statur. EXAKTE BESTIMMUNG NUR DURCH FACHMANN  MÖGLICH
-- ATRAX ROBUSTUS gefährlichste Spinne austral. Raumes (2)
   mind. 13 Todesfälle bekannt, v.a. Kinder (1,3)
-- ATRAX spp.: alle Arten müssen als für den Menschen ge-
   fährlich angesehen werden (ähnliches Gift) (2)
-- HADRONYCHE spp. (früher zu Gattung Atrax gehörig):
   ähnliche Gifte wie Atrax spp. bisher kein Todesfall
   nachgewiesen (3);
   H. (A.) formidabilis evtl. noch gefährlicher als A.
   robustus (5)!
-- TIERTOXIZITÄT: bei Tieren unterschiedlich toxisch
   Primaten starke Wirkung, Katzen und Kaninchen nur wenig
   Symptome (1)
--

VORKOMMEN: Australien, auch in Häusern in der Stadt (3)

SYMPTOME
Sämtliche systemischen Symptome können bereits nach 10 min.  auftreten, aber auch erst nach über einer Stunde (2,3);
-- LOKAL: starke Schmerzen meist länger als 30 min (3),
   Erythem; Muskelfaszikulationen, Muskelspasmen, Pilo-
   erektion (1)
   bei H. formidabilis Schmerzen mit folgender Gefühllosig-
   keit berichtet; später Urtikaria (2)
-- ZNS: periorales Taubheitsgefühl, Zungenspasmen, Reflex-
   steigerung, Muskelfaszikulationen/Spasmen, Krämpfe
   Verwirrtheit, Angst, Delir, Koma, Hirnschäden (1,2);
   erhöhter intrakranieller Druck bei Versuchsaffen (3)
  -AUGE: Erblinden, Miosis (2)
-- PULMO: Dyspnoe, Atemlähmung, akutes Lungenödem (nicht
   kardiogen) (1,2)
-- COR: initial Hypotonie, dann mehrere h Hypertonie, dann
   wieder Hypotonie (3), Tachykardie, Arrhythmie (AV-
   Block/Ektopien (3)), Zyanose, Herzstillstand (1,2),
-- GIT: Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen (1,2)
-- LABOR: Verbrauchskoagulopasthie (2), metab. Azidose,
   Creatin-Kinase-Anstieg (3),
-- NIERE: Nierenversagen (2)
-- SONST: Schweißausbrüche, Speichel/Tränenfluß, Schüttel-
   frost (1,2); Fieber (3);
-- TOD: Kindern evtl. bereits nach 15-90 min, Erw. evtl.
   erst nach 6 Tagen!

THERAPIE
-- ERSTE HILFE: Druckverband (Immobilisations-Kompressions-
   methode) (1); Extremität ruhigstellen, Schienen (4);
   Tetanusprophylaxe;
   Auch bei Symptomlosigkeit immer mind. 24h stationär (6)
-- LABOR: Überwachung Elektrolyte, Säure-Basenhaushalt,
   Nierenfunktion, CK, Blutbild, Gerinnung (3)
-- Hyper- + Hypotonie: ANTIVENIN; wegen Übergang von Hyper-
   zu Hypotonie + umgekehrt vasoaktive Medikation nur wenn
   dringend indiziert vorsichtige Therapie (z.B.Nitrate)
-- ANTIDOT: Funnel-web spider antivenom; Commonwealth
   Serum Laboratories, Parkville/Melbourne, Victoria,
   Australien (1,3)
   wirksam gegen Atrax und Hadronyche spp [Zur Herstellung
   A.robustus verwendet (2)]
  -INDIKATION: bei neurolog. Symptomen + Hyper-Hypotonie;
   nicht nötig bei Schmerzen (3)
  -DOSIS (Kind + Erw. gleiche Dosis): initial 2-4 Amp.i.v.
   Wiederholung nach 15min. bis zur Besserung (1); evtl. 8-
   18 Amp. nötig (3)
   Antihistaminikum + Cortison i.v. zur Prävention einer
   Allergie empfohlen (1)  
  -WIRKSAMKEIT: Antiveninbehandlung senkt Morbidität + Mor-
   talität drastisch (keine Todesfälle)(1); Krankheitsdau-
   er von 2-3 Wo.durch Antivenin auf 2-3d verkürzt(6)
   Symptombesserung innerhalb von Stunden; aber mindestens
   24h länger unter Beobachtung halten (3), neuerliche
   Antiveningabe kann nötig werden (1)

TOXIN
-- GESAMT

TOXIN
  -LD50(Maus: i.v. 0,2-0,35mg/Maus; s.c. 0,4-1mg/Maus(2)
   Wirkbeginn im Makaken-Experiment sofort (i.v.) oder mit
   nur 2 min Verzögerung (s.c.) (3).
   Viele gegen Atrax-Gift resistente Tiere haben in Serum
   Atrax-Gift-Hemmer (AVI) (2)
-- ATRAX

TOXIN: besonders starke Giftwirkung Menschen +
   Primaten (Makaken); Mäuse geringer empfindlich (1,2,3)
   Präsynaptische Membranbindung (3) mit erhöhter Acetyl-
   cholinfreisetzung; multiple Aktionspotentiale präsynap-
   tisch + an motorischer Endplatte mit Muskelfaszikulieren
   gesteigerte Katecholaminausschüttung an postganglionären
   Nerven(2,3), sympathische + parasympathische Erregung;
   gleichzeitig evtl. auch Inhibierung der Transmitterfrei-
   setzung (3). Keine deutliche Entleerung der Vesikelbläs-
   chen, keine dauerhafter Nervenschaden
  -ANTIDOTE: Hemmung durch d-Tubocurarin, Tetrodotoxin,
   erhöhten Magnesiumgehalt. Motorische Symptome auch durch
   Gallamin, Suxamethonium, Diazepam blockierbar (2)
   Aktivierung von Na-Kanälen bei intaktem Membranpotential
   aktiv werden; evtl. direkte Myokardwirkung (2)
-- KOMPONENTEN im ATRAX-

TOXIN
  -Atraxin (Neurotoxisch): (76 AS-Reste; pro mg 200mal
   toxischer als Gesamtgift!);
  -Robustoxin (42 AS-Reste, MW 4854; LD50 0,16 mg/kg);
  -Versutoxin (42 AS-Reste, MW 4852; LD50 0,22 mg/kg) (2,3)
  -Weitere Bestandteile: Alkalische Phosphatase, Aminobuty-
   rat freie Aminosäuren, Hyaluronidase, Serotonin, Phos-
   phodiesterase, Polyamine, Glycerin, Harnstoff, Glucose,
   Tyramin, Oktopamin, Serotonin, Protease, Spermin (neph-
   rotoxisch), Spermidin (möglicherweise nierenschädigend),
   Chrom, Titan (2), GABA, Lactat, Zitrat, Trimethylsilyl,
   Pentafluoropropionat-Derivate (3);

BESCHREIBUNG
EXAKTE BESTIMMUNG NUR FACHMANN MÖGLICH
Verwechslungsgefahr mit Vogelspinnen, da ziemlich groß und  von ähnlicher Statur. Allerdings haben letztere meist  stärker behaarte Beine mit polsteratigen Endgliedern,  während die weniger behaarten Beine der Atrax sp. distal  spitz enden. Die Angaben beziehen sich auf ausgewachsene  Exemplare. Über die Giftigkeit der Jungtiere, die besonders  in frühen Stadien viel heller als adulte Spinnen gefärbt  sind, liegt keine Information vor.
Körperlänge ohne Beine und Chelizeren (Kieferlauen) 1,5 bis  4,5 cm; Vorderkörper und Beine von dunkler Farbe, fast  haarlos scheinend und metallisch glänzend. Hinterleib mit  kurzem Haar besetzt. Gewöhnlich fehlt ein erkennbares  Muster, obwohl einige Arten (nicht A. robustus) eine  unregelmäßige "Tarntracht" besitzen. Männliche Tiere einiger  Arten besitzen einen Sporn am zweiten Beinpaar. Augen nahe  zusammenliegend, Spinndrüsen am Hinterleibsende gut  erkennbar.
Drohgebärde: Vordere Beinpaare nach oben gestreckt,  Giftklauen gespreizt, Vorderkörper aufgerichtet.
Die Trichternetzspinnen bauen mit Seide ausgesponnene Röhren  in den Boden oder in und an Baumstümpfen, von deren Öffnung  Stolperfäden ausgehen. Einige Arten bevorzugen "Falltüren"  als Abdeckung ihres Nestes, andere leben mehrere Meter hoch  in alten Baumstämmen. Manchmal besitzen die Röhren einen  zusätzlichen Notausgang. Die Spinnen bauen oft dicht  beieinander. Männliche "Funnelwebs" verlassen ihre Röhren  bei der Partnersuche und gelangen so auch öfter in Häuser,  bzw. in Kleidung (3), wo es dunkel und warm ist. Angetroffen  werden sie auch in leeren Swimmingpools , leeren  Konserven-Dosen (2). Über Holztransporte gelangen die  Spinnen ins Innere von Siedlungen. Manche  Trichterspinnen-Arten sind weitgehend auf Regenwälder  beschränkt (1,3)

VORKOMMEN
Südosten Australiens und Ost-Tasmanien (1)
Atrax spp.: südöstliches Neusüdwales, östliches Victoria  (1); A. robustus in 160 km Radius um Sydney (2); nach (6) in  180 km Radius um Sydney;
Hadronyche spp.: Osten Tasmaniens, östl. Neusüdwales,  südöstliches Queensland, Süden und Osten Victorias (1);  Südöstl. Südaustralien (3);

SYNONYME
Atrax robustus; Sidney funnelweb spider; funnelweb spider;  Hadronyche sp.; Atrax formidabilis; Atrax bermagui;  Hadronyche adelaidensis; Hadronyche cerberea; Hadronyche  eyrei; Hadronyche flindersi; Hadronyche formidabilis;  Hadronyche infensa; Hadronyche meridiana; Hadronyche  modesta; Hadronyche pulvinator; Hadronyche valida;  Hadronyche venenata; Hadronyche versuta; Trichterspinnen  australische; Trichternetzspinne; Trichternetz-Vogelspinne;  Sydney funnelweb spider; Sydney-Trichternetzspinne;  Nordküsten-Trichternetzspinne; Toowooba-Spinne; Australische  Trichternetzspinne; Hexathelidae australische; Atraxin;  Robustoxin; Versutoxin;

GRUPPENZUGEHÖRIGKEIT
Spinnen giftige; Spinnen giftige Australien; Tiere giftige

LITERATUR

(1) Junghanss, Th., Bodio, M.: Notfall-Handbuch-Gifttiere,  Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 1996.


(2) Schmidt, G.: Giftige und gefährliche Spinnentiere, die  neue Brehm-Bücherei 608, Westarp Wissenschaften, Magdeburg,  1993.


(3) Meier, J., White, J., Handbook of clinical Toxicology of  Animal Venoms and Poisons, CRC Press, Florida, USA, 1995.


(4) Toxic plants and animals, Queensland Museum, Brisbane,  Australien, 1987


(5) Schmidt, G., Wie gefährlich sind Spinnenbißvergiftungen  wirklich?, Natur und Museum, 117 (7), Frankfurt a. M., 1987.


(6) Habermehl, G., Gift-Tiere und ihre Waffen,  Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg, 1994