Ciguatoxin

Erstellt Tox-Mü Felgenhauer N. / Kleber J.J. 1996

TOXIZITÄT
Höchste Giftkonz. in Leber, Innereien, in Raubkorallen-  fischen mehr als Pflanzenfressern, am höchsten in Muräne
--Kochen + Braten vermindert Toxizität nicht;
  Geschmack, Aussehen + Vitalität der Fische nicht auffällig
--1 kg Muränenleber kann ca. 1 �g Toxin enthalten
--LD 50 Maus 0,45 ug Ciguatoxin/ kg KG i.p.
--SCHWANGERSCHAFT: Toxin wird in Brustmilch ausgeschieden
  bei Stillen Intox. des Baby möglich

SYMPTOME
-- LATENZZEIT: 1-6 Std. (3o Min-30 Std.)
-- GIT-Phase nach 3-5 h Übelkeit, Erbrechen, wässrige Diarr-
   hoe, kolikartige Bauchschmerzen (nur 8-18h anhaltend)
-- ALLGEMEIN

SYMPTOME: Muskelschmerzen, Kopfschmerzen,
   benommen, abgeschlagen, schlaflos, starkes Schwitzen,
   Juckreiz, Sehstörungen, Mydriasis,
-- COR: Bradykardie, Hypotonie
-- ZNS: nach 12-24 h Parästhesien zunächst perioral, dann
   an Extremitäten; Ataxie, Muskelschwäche
   TYPISCH ist die paradoxe Temperatu- Wahrnehmung in 90%:
   Kältereize geben Kribbeln, Elektrisieren, brennendes
   Gefühl, seltener Wärmereize kalte Mißempfindung;
  -bei SCHWERER INTOX Muskelspasmen, ton.-klon. Krämpfe
   Atemlähmung; Tod durch Atemlähmung mögl. (1,2)
-- EMG, NLG: verlängerte NLG möglich und spez. EMG-Muster
-- PROGNOSE: bei leichter Vergiftung Rückbildung der
   Symptome in wenigen Wochen
   bei schwerer Vergiftung Symptomrückbildung erst nach
   Monaten oder Jahren
-- IMMUNITÄT: die Vergiftung hinterläßt keine Immunität
   im Gegenteil jede künftige Intox. wird noch schwerer

THERAPIE
Wenn nicht schon ausgiebig Erbrochen frühzeitige MS, Kohle,  -- Elektrolytausgleich u. Volumengabe nach Brechen,
   falls klinisch erforderlich Intubation und Beatmung
-- Bradykardie: Atropin istwirksam (2)
-- DYSÄSTHESIEN: in 1 fall Amitryptilin 100mg/d für 5d be-
   endete eine Wochen dauernde Dysästhesie (2)
-- symptomatische Standardtherapie ohne sicheren Wirksam-
   keitsnachweis bisher Calcium-Gabe, Vit.B6 u.C.
  -Mannit 20% (0,5-1g/kg; od. 250 ml Mannit 20% in 10-30Min.
   i.v. beim Erw.) war wirksam (2) od. evtl. wirksam (1)

NACHWEIS
Bisher kein Toxinnachweis in Blut oder Serum möglich
-- Fischfleisch-Toxin-Nachweis mit Immunoassay "Cigua-Check"
   siehe www.cigua.com
   bei vorhandenem Toxin erscheint eine Farbreaktion, die
   Sensitivität reicht um bei negativer Farbreaktion eine
   gefährliche Giftdosis auszuschließen

VORKOMMEN
--In tropischen Korallen-Riff-Fischen und evtl. einigen
  Nichtvertebraten. Jährlich ca. 50 000 Vergiftungen.
  Am meisten in Karibik und Indopazific, aber auch
  Hawai, Florida, Pazifik und Australien.(1)
  Bei versandtem befallenem Fisch auch bei uns möglich
--Fischarten: es scheint unter den entsprechenden Be-
  dingungen jeder Fisch befallen sein zu können, der am
  Korallenriff lebt. Oft betroffen sind (1):
  Muränen, Belonidae, Squirrelfisch oder Soldier-Fisch,
  Carangidae, Labridae, Wrassen, Snapper, Papageien-
  fisch, Tunfisch und Makrele, Grouper oder Seabass,
  Barracuda, Stachelmakrele, Zackenbarsch und andere
  Nach unruhiger See (Sturm, Seebeben) gehäuftes Auftreten

TOXIN
wahrscheinlich keine Einzelsubstanz, sondern Komplex  mehrerer Toxine; isoliert wurde 1 Anteil als Ciguatoxin als  fettlösliche Polyetherverbindung mit 13 verbundenen  Etherringen, Mol.Gew. 1111,6 Dalton. C60 H86 O19
Ciguatoxin ist hitzestabil.
Mögliche weitere Toxine Maitotoxin, Scaritoxin.
Das Braten und Grillen des Fisches vermindert dessen  Toxizität nicht, das Kochen und mehrmalige Abgießen des  Kochwassers nur gering.
Neurotoxin wahrscheinlich von Dinoflagellaten hergestellt  und von Korallenfischen aufgenommen, angereichert im Fleisch  und vor allem Innereien.
Die Gesundheit der Fische wird auch bei großer Giftmenge in  keiner Weise beeinträchtigt (1), auch nicht deren Geschmack  (beim Verzehr) oder deren Aussehen.
Häufigste neurotoxische Fischvergiftung (10000-50000/J)

PHARMAKOLOGIE
Wirkungscharakter: Ciguatoxin greift direkt an der  Nervenzellmembran an, öffnet die Na-Kanäle, führt so zu  raschen Na-Einstrom und durch Potentialerniedrigung zu  erhöhter Nervenerregbarkeit; hieraus erfolgt eine  Dauerstimulation mit Blockade der Nervenleitung.
Zielorgan sind im peripheren Nervensysthem die
--marklosen C-Fasern (Kribbeln, brennende Parästhesien)
--die unmyelinisierten A-delta-Fasern (überschießende  C-Faseraktivität durch verminderte Ren-Shaw-Hemmung);
durch Schädigung beider Systheme paradoxe Temp. Empf.

SYNONYME
Ciguateratoxin; Korallenfische (orale Aufnahme als Speisefisch);  Baracuda (orale Aufnahme als Speisefisch); Doktorfisch (orale Aufnahme als Speisefisch); Papageienfisch (orale Aufnahme als Speisefisch); Stachelmakrele (orale Aufnahme als Speisefisch); Zackenbarsche (orale Aufnahme als Speisefisch); Muraene (orale Aufnahme als Speisefisch); Gambierdiscus toxicus (orale Aufnahme als Speisefisch); Korallenfische (orale Aufnahme als Speisefisch);

GRUPPENZUGEHÖRIGKEIT
Lebensmittel; Tiere giftige

LITERATUR

1. Meier J.: Clinical toxicology of animals venoms and


  poisons CRC-Press 1995


2. Crump JA et al.: Cigutera fish poisoning


  Postgraduate med 75:678-679 1999