LEBENSMITTEL VERGIFTUNG DIFFERENTIALDIAGNOSE
Zu unterscheiden sind:
1. verdorbene Lebensmittel, in denen durch Enzymreaktionen
Toxine entstanden sind, die Magendarmprobleme und andere
Symptome hervorrufen: siehe -> Fisch + Muschelvergiftung
2. bakteriell verunreinigte Speisen, deren Bakterien den
Darm besiedeln und im Darm ein Enterotoxin herstellen,
das die Magen-Darm-Probleme und andere Symptome hervor-
ruft: Coli-, Campylobacter-, und Clostridien-Enterotoxin.
Diese Enterotoxinbildung ist durch Plasmide zwischen den
Bakterien übertragbar. Hierher gehören auch
die großen Durchfallseuchen Cholera und Shigellenruhr
3. bakteriell und Toxin verunreinigte Speisen, in denen die
Bakterien das Toxin während der Lagerung sezernieren, und
das präformierte Toxin die Krankheistsymptome erzeugt:
Staphylococcen-Enterotoxin, Bacillus Cereus; Botulismus
4. Meerestiere, die ein Toxin (meist aus Algen) aus der
Nahrung in ihrem Körper angereichert haben, wobei das mit
dem Fisch aufgenommene Toxin die Symptome hervorruft:
Ciguatoxin, Tetrodotoxin; und Fisch- und Muschelver-
giftungen siehe Fisch und Muschelvergiftung
5. bakteriell verunreinigte Speisen, bei denen das Bakte-
rium selbst die Krankheit hervorruft: Yersinia entero-
colitica, Salmonellosen inklusive Typhus abdominalis,
Amöbenruhr
6. exogene Toxine, die sich im Lebensmittel anreichern
siehe Fisch und Muschelvergiftung und
SCOMBROTOXIN
--Vorkommen: verdorbener Fisch (vor allem Tunfisch, Makre-
le, Anchovies, Sardine), in BRD meist als Konservenfisch,
in dem bakterielle Zersetzung Histamin entstehen ließ
--Inkubation: wenige Minuten bis 1h, selten mehr
--Symptome: Flush, Kopfschmerz, Schwindel, Übelkeit,
Erbrechen, Bauchweh, Durchfall; selten Bronchospasmus,
Rötung des ganzen Körpers, Uriticaria; ohne Behandlung in
seltenen Fällen Schock und Exitus möglich.
--Therapie: Antihistaminika wie z.B. Diphenhydramin, Prome-
tazin (Atosil), aber auch Cimetidin helfen gut und
schnell.
STAPHYLOCOCCENENTEROTOXIN
--Inkubation: 1-8h meist 2-4h; Infektionsdauer: 8-(36)h
--Vorkommen: in kohlehydrat- und proteinhaltigen Speisen
--Symptome: plötzlich einsetzende Übelkeit, Erbrechen,
Bauchkrämpfe mit Diarrhö. Selten Kopf-, Muskelschmerzen,
Fieber.
--Physiologie: hitzestabiles Enterotoxin
COLI ENTEROTOXIN
--Inkubation: 12-72h; Infektionsdauer: meist 1-4d
--Symptome:
1.wässrige Diarrhö mit schneller Dehydratation graduell
beginnend, Erbrechen, Bauchschmerz ähnlich der Cholera
-Therapie: Antibiotika nicht nötig, aber verkürzen Diar-
rhö (Trimetorprim oder Ciprofloxacin) (2)
2. enterohämorragische Form (EHEC) mit blutig wässriger
Colitis, Bauchkrämpfen, selten Fieber und bei ca. 20%
im anschluß daran das hämolytisch urämische Syndrom HUS
(Nierenversagen, Thrombopenie, mikroangiopathische
hämolytische Anämie) (2) TOXIN = Verotoxin
-Therapie: KEINE Antibiotika, Flüssigkeits- und
Elektrolytausgleich
BACILLUS CEREUS
--Infektdauer: ca. 12-36 h
--Vorkommen: Reis, Gemüse, Gewürze, Milchpulver (3)
--Symptome: Toxin a) nach 1-5h abrupt einsetzend Erbrechen
Toxin b) nach 8-16h milde Diarrhoe (3)
--Physiologie: präformiert in der Nahrung
a) hitzestabiles und b) hitzelabiles Enterotoxin (3)
CAMPYLOBACTER ENTEROTOXIN
--Vorkommen: Campylabacter coli, laridis u.jejuni Übertra-
gung durch rohe Milch, ungechlortes Wasser aber auch
faeco-oral, Mensch zu Mensch und Tier zu Mensch (2)
--Inkubation: (1)-2-5 d; Ausscheidung für 2-3 Wochen (2)
Diarrhödauer: in der Regel selbstlimitiert 2-7 d (2)
--Symptome:
1. nicht entzündlicher Typ: schwere, evtl. blutige Dysen-
terie ohne Fieber
2. entzündlicher Typ: Diarrhö mit Fieber; evtl. Abszeß-
bildung asymptomatische Bakteriämie, Meningitis HLA-
B27 pos. Arthritis (2), evtl. HUS möglich.
--Therapie: Ohne Therapie normalerweise nach 7-10d Gesun-
dung, keine Obstipantien, Elektrolyte meist genug;
Antibiotikum der Wahl Erythromycin 400 mg 4 mal/d (1,2)
--Physiologie: im Darm gebildetes Enterotoxin ähnlich Coli-
Diarrhö und Cholera-Toxin; Diagnose bakteriologisch,
nicht allein aus der Klinik mögl.; in Entwicklungsländern
bei vielen Kindern im Darm nachweisbar ohne Erkrankung(2)
CLOSTRIDIEN ENTEROTOXIN
--Inkubation: (1)-2-(7) d; Infektdauer: 12-36h
--Vorkommen: Clostridium perfringens, selten difficile
und deren im Nahrungsmittel oder im Darm produzierten
unterschiedlichen Toxine verursachen Diarrhoe bis Darmne-
krosen und Cl.difficile auch pseudomembranöse Kolitis(2)
--Symptome: milde Diarrhoe ohne Fieber, bis ulcerativ
nekrotisierende Darmentzündung mit Ileus und akutem
toxischem Schock, evtl. Darmperforation [C.perfringens
Typ C beta-Toxin(2)].
Unter Antibiotikatherapie pseudomembranöse Colitis mögl.
--Therapie: immer Flüssigkeits und Elektrolytsubstitution
Antibiotika nur bei extraintestinaler Ausbreitung (Metro-
nidazol, Ampicillin, Penicillin; Antiserum Cl.perfringens
Typ C bei schweren Verläufen (2)
YERSINIA ENTEROCOLITICA
--Vorkommen: Yersinia enterocolitica Übertragung aus
Gewässern und Gemüse, aber auch Mensch zu Mensch;
Toxinbildung + invasive Infektion in Peyersche Plaques(2)
--Inkubation: 1-11d; Ausscheidung für 14-97d
--Symptome: Diarrhö, leichtes Fieber, Bauchschmerz;
Generalisation möglich mit Bakteriämie, disseminierten
Abszessen; evtl. Autoimmunphänomene wie Erythema nodosum,
Glomerulonephritis, Reiter-Syndrom, Hashimoto-Thyreoi-
ditis, HLA-B27-Arthritis (2)
--Therapie: Antibiotika erst bei Anzeichen von Generalisa-
tion oder Komplikationen (Co-Trimoxazol, Tetracyclin) (2)
SALMONELLEN
--Inkubation: (8)-24-(72) h; Infektdauer: 5-8 d
--Vorkommen: Fleischwaren, Gefügel, Eier + Eierspeisen
--Symptome: 2-5 tägige Diarrhö mit viel wässrigem Stuhl,
Blut und Schleimbeimengung möglich.
Bakteriämie mit typhösen Verläufen bei geschwächten Pat-
ienten (Alt, Kleinkind, Immunschwäche).
--Therapie: siehe Salmonellose
BOTULISMUS
--Inkubation: 12-38 Std.; Extreme: 2 h-14 Tage
--Vorkommen: In ungenügend erhitzten Speisen mit anaeroben
Wachstumsschancen (selbstgemachte Konserve, Geräuchertes)
--Symptome: evtl. frühzeitig Übel, Erbrechen, Diarrhö dann
Muskelparesen (Akkomodationsparese, Mydriase, Doppelbild)
Schluckstörung, Lähmung, Symptomrückbildung über Monate.
--Therapie: MS, Kohle, Na-Sulfat, hoher Einlauf, evtl.
Prostigmin siehe Botulismus
HONIGVERGIFTUNG
--Inkubation: 1-5h
--Vorkommen: Honig aus Gebieten mit Ercaceen (Rhododendron)
--Symptome: Erbrechen, Bradykardie, Hypotonie
siehe Grayanotoxin
CHINA RESTAURANT SYNDROM
--Vorkommen: mit Glutamat angereicherte Speisen (Sojaöl),
entweder wenn Menge über 1-1,5g oder eher von persönlicher
Disposition abhängig (Unverträglichkeit oder Allergie)
--Inkubation: typisch 10-30 Min. anhaltend für 2h (4,3)
selten evtl. nach mehreren Stunden anhaltend für 2 Tage(3)
--Symptome: Gesichts- und Nackenbrennen, Taubheitsgefühle,
Kopfschmerzen, Druck- und Engegefühl im Brustkorb, Tachy-
kardie; sehr selten Verwirrtheit (3)
--Therapie: bei stärkere Symptomatik ärztlich Überwachung
keine spezifische Therapie bekannt (3,4)
SYNONYME
Lebensmittelvergiftung; Scombrotoxin; Staphylococcen Enterotoxin; HUS; Eschirichia Coli Enterotoxin; E. Coli; EHEC; Verotoxin; Coli Enterotoxin; Clostridium perfringens; Campylobacter; Salmonellen; Skombrotoxin; Bacillus cereus; Chinarestaurant Syndrom; chinese food syndrom; Glutamat; Monosodiumglutamat; Natriumglutamat;Miesmuschel
GRUPPENZUGEHÖRIGKEIT
Lebensmittel; Tiere giftige; Differentialdiagnosen
LITERATUR
1. Ellenhorn medikal Toxikology 1988
2. Cook G.: Mansons Tropical Medicin; Saunders 1996
3. Riesmann H. Foodborne Infections and intoxications
Academic press New York 1979
4. Mühlendahl Vergiftungen im Kindesalter 1995