LEBENSMITTEL ALLGEMEIN

Erstellt  Tox-Mü Kleber J.J. 7.96

LEBENSMITTEL VERGIFTUNG DIFFERENTIALDIAGNOSE
Zu unterscheiden sind:
1. verdorbene Lebensmittel, in denen durch Enzymreaktionen
  Toxine entstanden sind, die Magendarmprobleme und andere
  Symptome hervorrufen: siehe -> Fisch + Muschelvergiftung
2. bakteriell verunreinigte Speisen, deren Bakterien den
  Darm besiedeln und im Darm ein Enterotoxin herstellen,
  das die Magen-Darm-Probleme und andere Symptome hervor-
  ruft: Coli-, Campylobacter-, und Clostridien-Enterotoxin.
  Diese Enterotoxinbildung ist durch Plasmide zwischen den
  Bakterien übertragbar. Hierher gehören auch
  die großen Durchfallseuchen Cholera und Shigellenruhr
3. bakteriell und Toxin verunreinigte Speisen, in denen die
  Bakterien das Toxin während der Lagerung sezernieren, und
  das präformierte Toxin die Krankheistsymptome erzeugt:
  Staphylococcen-Enterotoxin, Bacillus Cereus; Botulismus
4. Meerestiere, die ein Toxin (meist aus Algen) aus der
  Nahrung in ihrem Körper angereichert haben, wobei das mit
  dem Fisch aufgenommene Toxin die Symptome hervorruft:
  Ciguatoxin, Tetrodotoxin; und Fisch- und Muschelver-
  giftungen siehe Fisch und Muschelvergiftung
5. bakteriell verunreinigte Speisen, bei denen das Bakte-
  rium selbst die Krankheit hervorruft: Yersinia entero-
  colitica, Salmonellosen inklusive Typhus abdominalis,
  Amöbenruhr
6. exogene Toxine, die sich im Lebensmittel anreichern
  siehe Fisch und Muschelvergiftung und

HONIGVERGIFTUNG

SCOMBROTOXIN
--Vorkommen:  verdorbener Fisch (vor allem Tunfisch, Makre-
  le, Anchovies, Sardine), in BRD meist als Konservenfisch,
  in dem bakterielle Zersetzung Histamin entstehen ließ
--Inkubation: wenige Minuten bis 1h, selten mehr
--Symptome: Flush, Kopfschmerz, Schwindel, Übelkeit,
  Erbrechen, Bauchweh, Durchfall; selten Bronchospasmus,
  Rötung des ganzen Körpers, Uriticaria; ohne Behandlung in
  seltenen Fällen Schock und Exitus möglich.
--Therapie: Antihistaminika wie z.B. Diphenhydramin, Prome-
  tazin (Atosil), aber auch Cimetidin helfen gut und
  schnell.

STAPHYLOCOCCENENTEROTOXIN
--Inkubation: 1-8h meist 2-4h;  Infektionsdauer: 8-(36)h
--Vorkommen: in kohlehydrat- und proteinhaltigen Speisen
--Symptome: plötzlich einsetzende Übelkeit, Erbrechen,
  Bauchkrämpfe mit Diarrhö. Selten Kopf-, Muskelschmerzen,
  Fieber.
--Physiologie: hitzestabiles Enterotoxin

COLI ENTEROTOXIN
--Inkubation: 12-72h;  Infektionsdauer: meist 1-4d
--Symptome:
  1.wässrige Diarrhö mit schneller Dehydratation graduell
    beginnend, Erbrechen, Bauchschmerz ähnlich der Cholera
   -Therapie: Antibiotika nicht nötig, aber verkürzen Diar-
    rhö (Trimetorprim oder Ciprofloxacin) (2)
  2. enterohämorragische Form (EHEC) mit blutig wässriger
     Colitis, Bauchkrämpfen, selten Fieber und bei ca. 20%
     im anschluß daran das hämolytisch urämische Syndrom HUS
     (Nierenversagen, Thrombopenie, mikroangiopathische
     hämolytische Anämie) (2) TOXIN = Verotoxin
    -Therapie: KEINE Antibiotika, Flüssigkeits- und
     Elektrolytausgleich

BACILLUS CEREUS
--Infektdauer: ca. 12-36 h
--Vorkommen: Reis, Gemüse, Gewürze, Milchpulver (3)
--Symptome: Toxin a) nach 1-5h abrupt einsetzend Erbrechen
            Toxin b) nach 8-16h milde Diarrhoe (3)
--Physiologie: präformiert in der Nahrung
  a) hitzestabiles und b) hitzelabiles Enterotoxin (3)

CAMPYLOBACTER ENTEROTOXIN
--Vorkommen: Campylabacter coli, laridis u.jejuni Übertra-
  gung durch rohe Milch, ungechlortes Wasser aber auch
  faeco-oral, Mensch zu Mensch und Tier zu Mensch (2)
--Inkubation: (1)-2-5 d;  Ausscheidung für 2-3 Wochen (2)
  Diarrhödauer: in der Regel selbstlimitiert 2-7 d (2)
--Symptome:
  1. nicht entzündlicher Typ: schwere, evtl. blutige Dysen-
     terie ohne Fieber
  2. entzündlicher Typ: Diarrhö mit Fieber; evtl. Abszeß-
     bildung asymptomatische Bakteriämie, Meningitis HLA-
     B27 pos. Arthritis (2), evtl. HUS möglich.
--Therapie: Ohne Therapie normalerweise nach 7-10d Gesun-
  dung, keine Obstipantien, Elektrolyte meist genug;
  Antibiotikum der Wahl Erythromycin 400 mg 4 mal/d (1,2)
--Physiologie: im Darm gebildetes Enterotoxin ähnlich Coli-
  Diarrhö und Cholera-Toxin; Diagnose bakteriologisch,
  nicht allein aus der Klinik mögl.; in Entwicklungsländern
  bei vielen Kindern im Darm nachweisbar ohne Erkrankung(2)

CLOSTRIDIEN ENTEROTOXIN
--Inkubation: (1)-2-(7) d;  Infektdauer: 12-36h
--Vorkommen: Clostridium perfringens, selten difficile
  und deren im Nahrungsmittel oder im Darm produzierten
  unterschiedlichen Toxine verursachen Diarrhoe bis Darmne-
  krosen und Cl.difficile auch pseudomembranöse Kolitis(2)
--Symptome: milde Diarrhoe ohne Fieber, bis ulcerativ
  nekrotisierende Darmentzündung mit Ileus und akutem
  toxischem Schock, evtl. Darmperforation [C.perfringens
  Typ C beta-Toxin(2)].
  Unter Antibiotikatherapie pseudomembranöse Colitis mögl.
--Therapie: immer Flüssigkeits und Elektrolytsubstitution
  Antibiotika nur bei extraintestinaler Ausbreitung (Metro-
  nidazol, Ampicillin, Penicillin; Antiserum Cl.perfringens
  Typ C bei schweren Verläufen (2)

YERSINIA ENTEROCOLITICA
--Vorkommen: Yersinia enterocolitica Übertragung aus
  Gewässern und Gemüse, aber auch Mensch zu Mensch;
  Toxinbildung + invasive Infektion in Peyersche Plaques(2)
--Inkubation: 1-11d; Ausscheidung für 14-97d
--Symptome: Diarrhö, leichtes Fieber, Bauchschmerz;
  Generalisation möglich mit Bakteriämie, disseminierten
  Abszessen; evtl. Autoimmunphänomene wie Erythema nodosum,
  Glomerulonephritis, Reiter-Syndrom, Hashimoto-Thyreoi-
  ditis, HLA-B27-Arthritis (2)
--Therapie: Antibiotika erst bei Anzeichen von Generalisa-
  tion oder Komplikationen (Co-Trimoxazol, Tetracyclin) (2)

SALMONELLEN
--Inkubation: (8)-24-(72) h;   Infektdauer: 5-8 d
--Vorkommen: Fleischwaren, Gefügel, Eier + Eierspeisen
--Symptome: 2-5 tägige Diarrhö mit viel wässrigem Stuhl,
  Blut und Schleimbeimengung möglich.
  Bakteriämie mit typhösen Verläufen bei geschwächten Pat-
  ienten (Alt, Kleinkind, Immunschwäche).
--Therapie: siehe Salmonellose

BOTULISMUS
--Inkubation: 12-38 Std.; Extreme: 2 h-14 Tage
--Vorkommen: In ungenügend erhitzten Speisen mit anaeroben
  Wachstumsschancen (selbstgemachte Konserve, Geräuchertes)
--Symptome: evtl. frühzeitig Übel, Erbrechen, Diarrhö dann
  Muskelparesen (Akkomodationsparese, Mydriase, Doppelbild)
  Schluckstörung, Lähmung, Symptomrückbildung über Monate.
--Therapie:  MS, Kohle, Na-Sulfat, hoher Einlauf, evtl.
  Prostigmin siehe Botulismus

HONIGVERGIFTUNG
--Inkubation: 1-5h
--Vorkommen: Honig aus Gebieten mit Ercaceen (Rhododendron)
--Symptome: Erbrechen, Bradykardie, Hypotonie
siehe Grayanotoxin

CHINA RESTAURANT SYNDROM
--Vorkommen: mit Glutamat angereicherte Speisen (Sojaöl),
  entweder wenn Menge über 1-1,5g oder eher von persönlicher
  Disposition abhängig (Unverträglichkeit oder Allergie)
--Inkubation: typisch 10-30 Min. anhaltend für 2h (4,3)
  selten evtl. nach mehreren Stunden anhaltend für 2 Tage(3)
--Symptome: Gesichts- und Nackenbrennen, Taubheitsgefühle,
  Kopfschmerzen, Druck- und Engegefühl im Brustkorb, Tachy-
  kardie; sehr selten Verwirrtheit (3)
--Therapie: bei stärkere Symptomatik ärztlich Überwachung
  keine spezifische Therapie bekannt (3,4)
  

SYNONYME
Lebensmittelvergiftung; Scombrotoxin; Staphylococcen Enterotoxin; HUS; Eschirichia Coli Enterotoxin; E. Coli; EHEC; Verotoxin; Coli Enterotoxin; Clostridium perfringens; Campylobacter; Salmonellen; Skombrotoxin; Bacillus cereus; Chinarestaurant Syndrom; chinese food syndrom; Glutamat; Monosodiumglutamat; Natriumglutamat;Miesmuschel

GRUPPENZUGEHÖRIGKEIT
Lebensmittel; Tiere giftige; Differentialdiagnosen

LITERATUR

1. Ellenhorn medikal Toxikology 1988


2. Cook G.: Mansons Tropical Medicin; Saunders 1996


3. Riesmann H. Foodborne Infections and intoxications


  Academic press New York 1979


4. Mühlendahl Vergiftungen im Kindesalter 1995