TOXIZITÄT
-- Seeschlangen sind alle als hochgiftig zu betrachten (3),
wenn auch von etlichen der 16 Gattungen und 50 Arten (nur 2 im Süßwasser) keine Biß-Berichte vorliegen (2)
-- jeder Seeschlangenbiß ist für die ersten 4-6h als poten-
tiell LEBENSBEDROHLICH zu betrachten (Myolyse + Lähmung)
-obwohl nur 20% der Bisse eine schwere Intox. erzeugen (1) -ca. 80% der Bisse sind harmlos (keine Giftabgabe)
sind nach 8h noch keine Symptome aufgetreten (Lähmung,
Muskelschmerz, Myolyse) ist keine Gefährdung mehr zu er-
warten [bei korrekter Kompressions-Immobilisation 8h nach Verbandabnahme] (1)
-- letale Verläufe in ca. 3% mit frühestem Tod nach 2,5h und spätesten nach 24h (3)
-LD: hochtoxisches Gift
minim. tödl. Dosis von E. schistosoma 0,05mg/kg; 1 Gift-
injektion 3fach tödliche Giftmenge (3)
SYMPTOME
Schwere Intox. entwickelt meist Zeichen der Muskelschädigung innerhalb 0,5-2h; mittelschwere Intox. innerhalb der ersten 4h; sind nach > 8 h keine Intox.-Zeichen und keine Myoglo- binurie ist mit blandem Verlauf zu rechnen; bei korrekter Kompressions-Immobilisation zählt Zeit ab Verbandabnahme (1)
-- LOKAL: meist schmerzloser Biß, ohne Schwellung, mit oder
ohne Bißmarken (1)
-bei Bißstellen-Schmerz ist Seeschlangenbiß eher unwahr-
scheinlich, d.h. anderes Tier hat gebissen (1)
-- PSYCHE: Angstreaktionen mit Kältegefühl, Schweiß bis
Kollaps auch bei Fällen ohne später weitere Intox.-Symp-
Tome (1)
-- MUSKEL: Muskelsteife und -Schmerzen oder -Schwäche inner-
halb 30 Min. zunehmend (Nacken, Rumpf, Gesicht, Extremi-
täten); Schmerzen besonders bei Bewegungen (anfangs nur
aktiv, dann auch passiv); Pseudotrismus durch Masseter-
schmerz; MYOLYSE mit Myoglobinurie 3-6h nach dem Biß (1)
-- ZNS: Paralyse selten, aber meist wohl Bewegungslosig-
keit und Muskelschwäche wegen der Schmerzen (1)
Augenmuskelparese mit Diplopie + Ptose und Schluck- +
Sprachstörung sind möglich (3)
Atemlähmung in 1 Fall für 24h
-ASTROTIA STOKESII: 1 Fall mit Paralyse ohne Myolyse
berichtet (1)
-- GIT: Übelkeit, Erbrechen, Zungenschwellung (1)
-- HERZ/KREISLAUF: sleten anapyhlaktischer Schock; Rhtyhmus-
störungen durch Hyperkaliämie (3)
-- LABOR: Anstieg von CK, GOT, Krea, Hyperkaliämie; Leuko-
zytose bis 20.000 (1,3)
-- NIERE: sekundärer Nierenschaden durch Myolyse
-- PROGNOSE: Muskelregeneration nach 1-2 Wochen beginnend
vom überlebenden Muskelkern aus (1), mit Rückkehr der
groben Kraft nach 3-4 Wochen bei schweren Vergiftungen(2)
THERAPIE
-- ERSTE HILFE: Ruhigstellen durch Schienen +
Kompressions-Immobilisations-Methode zur Verzöger-
ung der Giftresorption (1)
-- LOKAL: auf ausreichenden Tetanus-Schutz achten, Lokalin-
fektion ist nicht zu erwarten, Antibiotika sind nicht
indiziert (1)
-- ÜBERWACHUNG: schnellstmöglicher Transport in Krh. und
Intensiv-Überwachung für die ersten 4-6h
-bei Symptomen gute Hydrierung durch Infusionstherie,
Überwachung von Ausscheidung, CK, Kalium, Krea, Myoglobin
in Urin + Serum
-bei schwerer Myolyse und Ateminsuffizienz künstliche Be-
atmung
-- ANTISERUM: nur 1 spez. Antiserum erhältlich gegen alle
Arten Seeschlangenbisse (1)
-INDIKATION: nur bei Zeichen der Muskelschädigung (Labor
und Schmerz), aber dann so schnell, als möglich (1)
-CSL Sea Snake Antivenom Australien Melborne
Pferdeserum mit Enhydrina schistosa immunisiert + wirksam
gegen andere Seeschlangen (Aipysurus laevis, Astrotia
stokesii, Disteira maior, Hydrophis cyanocinctus, H. ele-
gans, H. spiralis, H. striticollis, Lapemis hardwickii,
Laticauda semifasciata)
-DOSIS: Beginn mit 1 Amp.; bei schweren Fällen mehrere(1)
-CSL Tiger Snake Antivenom (Notechis scutatus): nur wenn
obiges spez. Sea-Snake Antivenom nicht vorrätig ist; es
wird mehrfache Dosis benötigt (1)
-alle Seren gegen austral. Elapiden haben etwas Kreuzreak-
tionen, wenn sonst keine Antiserum vorrätig (3)
-APPLIKATION: i.v. nach vorheriger Allergietestung; bei
Allergie Cortison + Antihistamin + Adrenalin-Bereitschaft
Gegen Serumkrankheit prophylaktisch Cortison mehrer Tage
-WIRKSAMKEIT: Wirksamkeit nach Giftbindung ist unsicher(1)
-- SEKUNDÄRE GIFTELIMINATION:
-HD: nur sinnvoll für sekundäre Hyperkaliämie + Nieren-
versagen (3)
VORKOMMEN
-- Salzwasser: in Küstennähe, bei Korallenriffen; vom persi-
schen Golf bis japanische, austarlische und indopazi-
fische Küstengewässer an den afrikanischen und mittel- +
südamerikanischen Küstengewässern; teils in Mündungsge-
bieten großer Gewässer;
-- Süßwasser: Hydrophis semperi im lake Taal Luzon Philip-
pinen; Laticauda crockeri lake Tegano Insel Rennell Salo-
moninseln (2)
TOXINE
Verursachen Myolyse und klin. unbedeutend neurotoxische Paralyse
-- myolytisches Toxin ähnlich der Phosphlipase-A2-Myotoxin
der Elapiden + Vipern (1)
histologisch hyaline Nekrose der Muskelfibrillen von 20%
bis fast alle Muskelfasern (1)
-- Neurotoxine: meist klssische postsynaptische Neurotoxine
(meist kurzkettige basische Proteine) mit starker Bin-
dung an den Acetylcholinrezeptor (1)
SYNONYME
Seasnakes; Hydrophiidae; Acalyptophis peronii; Aipisurus sp.; Aipysurus apraefrontalis; Aipysurus duboisii; Aipysurus eyduoxii; Aipysurus foliosquama; Aipysurus fuscus; Aipysurus laevis; olivbraune Seeschlange; Aipysurus tenuis; Astrotia stokesii; Disteira kingii; Disteira maior; Emydocephalus annulatus; Emydocephalus ijmae; Enhydrina schitosa; beaked sea snake; Ephalophis greyi; Ephalophis mertoni; Hydrelaps darwensis; Hydrophis belcheri; Hydrophis bituberculatus; Hydrophis brookii; Hydrophis caerulescens; Hydrophis cantoris; Hydrophis cyanocinctus; Ruderschlange blaugebänderte; Hydrophis elegans; Hydrophis fasciatus; Hydrophis gracilis; Hydrophis inornatus; Hydrophis klossi; Hydrophis lapemoides; Hydrophis mamillaris; Hydrophis melanocephalus; Hydrophis melanosoma; Hydrophis mertoni; Hydrophis nigrocinctus; Hydrophis obscurus; Hydrophis ornatus; Hydrophis parviceps; Hydrophis semperi; Hydrophis spiralis; Hydrophis striticollis; Hydrophis torquatus; Kerilia jerdoni; Kolpophis annandalei; Lapemis curtus; Lapemis hardwickii; Laticauda colubrina; sea krait; Laticauda crockery; Laticauda Laticauda; Laticauda semifasciata; Laticauda schistorhynchus; Microcephalophis cantoris; Microcephalophis gracilis; Pelamis platurus; pelagic sea snake; Praescutata viperina; Thalassophis anomalus; Thalassophis viperina; Thalassophina viperina;
GRUPPENZUGEHÖRIGKEIT
Schlangen giftige; Tiere giftige
LITERATUR
1. Meier J, White J: Handbook of clinical toxicology of
animal venoms and poisons Boca Raton: CRC Press 1995
2. Junghanss Th, Bodio M: Notfall-Handbuch Gifttiere.
Stuttgart Thieme 1996
3. Rumack BH, Toll LL; Gelman CR: Poisindex System.
Sea snakes Micromedex, Inc, Englwood Colorado 31.03.99