Vipera berus  

Erstellt Tox-Mü- Kleber J.J. 95

TOXIZITÄT
--Nicht jeder Biß führt zu Symptomen (3)
  nur in 50% der Bisse genug Giftabgabe für mehr als
  lokales Ödem (3)
  wenn 2 h nach Biß noch symptomlos (auch kein Ödem), keine
  Symptome mehr zu erwarten (3)
--schwere Verläufe sind selten, tödliche die absolute
  Ausnahme (3)
--ähnlich wirkende europ. Giftschlangen: Aspisviper,
  Sandviper, V. latastei, V. lebetina, V. xanthina; können
  teilweise stärkere Reaktionen auslösen, als die Kreuz-
  otter, sind in Symptomen und Therapie aber gleich

SYMPTOME
Ist 1 h (1) od. 2 h (3) nach dem Biß keine Schwellung um Bißstelle, so ist entweder kein Gift appliziert worden oder es handelt sich um den Biß einer ungiftigen Schlange (1) --lokal: 2 symetrische 1 cm entfernte Bißstellen (4)
  initialer Schmerz in Min. nicht regelmäßig; meist rasche  
  Entstehung des Ödems, aber auch noch nach >1-3h mögl.(5)
  mit Max. nach 1(-3) d (5,6), typische Blaulividverfärbung;
  Schwellung ganzes Glied bis Rumpf mögl.; Lymphangitis +
  schmerzhafte Lympfknotenschwellung möglich;  
  -selten Hämatom; Pelzigkeit; Nekrose an der Bißstelle;
   Thrombophlebitis lokal; sehr selten Kompartmentsyndrom
--Allgemeinsymptome: (51x bei 286 Fällen(6))
  -GIT: rasch Übelkeit, Erbrechen, Bachschmerzen, Schweiß-
   ausbruch, auch rein psych. Ursache möglich
  -COR: Schock, Hypotonie, Tachykardie; 1x Stenokardie (6)
  -RESP: Dyspnoe,
   bei Kindern mit massiven Extremitätenödemen ca. am 10 Tag
   Lungenödemgefahr durch Hypervolämie bei Ödemausschwemmnug
  -ANGIONEUROTISCHES ÖDEM: Zungenschwellung; Glottisödem;
   Lippenschwellung (3,6)
  -SONST: Schwitzen; Schüttelfrost; (6)
   1x passagere Transaminasenerhöhung im Verlauf (6)
  -GERINNUNG: selten Blutgerinnungsstörung, Mikrohämaturie
   Verbrauchskoagulopathie mit massiver Muskeleinblutung (6)
   Kontrolle alle 6-12h bis normal; Thromboabfall noch am
   3.d möglich, VipTAB sofort wirksam (6)
  -ALLERGIE: Anaphylaktischer Schock; Quinkeödem (6)
   IgE übermittelte Anaphylaxie (5)
  -ZNS sehr selten ZNS-Depression, Krampfanfälle ohne
   Blutdruckabfall (7)

THERAPIE
-- ALLGEMEIN: Ruhigstellen der Extremität (evt. Schiene),
  kühlende Umschläge, evtl. Schmerzmittel, Beruhigen des
  Patienten, Transport in Klinik, Tetanus-Prophylaxe.
-LOKAL: keine Manipulationen an Bißstelle: kein Aussaugen,
  kein Ausschneiden, kein Abbinden, aber DESINFIZIEREN  
-ÄRZTL. ÜBERWACHEN: immer für 3 h, falls Symptome auftreten
  mind. 24 h klinisch überwachen (Schwellung kann 3d zuneh-
  men (5,6)
-- bei HYPOTONIE + SCHOCK + bei ALLERGIE: Corticoide + Anti-
   histaminikum (evtl. Dopamin (Adrenalin); [ Corticoid +
   Antihistamin war bei schwerer Allgemeinreaktion ohne
   Antiserumgabe wirksam (6): 2x Dyspnoe, 3x Glottisödem,
   2x Schock, 1x Herzjagen + Übelkeit) (6)
-- SCHWELLUNG: wichtigstes ist Ruhigstellung; Antiserum (be-
   sonders frühzeitig) scheint bei genügender Dosis (Vipera
   TAB 200-400mg) wirksam zu sein (12,13), evtl. nach Std.
   wiederholen; Corticoid + Antihistamin und zu wenig Anti-
   serum verhindern weitere Schwellungszunahme nicht (6,10)
- bei Kinder mit starken Ödemen nach ca. 10d Gefahr der  
   Hypervolämie, evtl. Lungenödem bei Ödemrückbildung (8)
- bei KOMPARTMENTSYNDROM (peripher unterdrückter Puls!)
   nur bei absoluter Indikation chir. Fasziotomie überlegen
- evtl. siehe  ANGIONEUROTISCHES ÖDEM
   wirsam ist Kortikoid + Antihistamin (6, I 0803184/00)
-- ANTISERUM
  -INDIKATION: Blutdruckabfall therapieresistent, langanhal-
   tende GIT-Symptomen, rasch zunehmendes Ödem, ZNS-Symptome
   Azidose, Hämolyse, Blutgerinnungsstörung (Thrombopenie
   < 50.000, Fibrinogen < 100); EKG-Veränderungen
   -KINDER: großzügige Indikation für VipTAB
  -a) Fab-Fragment-Antiseren (Allergiegefahr sehr reduziert)
    1. ViperaTap (Therapeutic Antibodies Inc.) in Tox Mü
    2. ViperFav (Pasteur merieux Lyon)
    (gegen V.berus, ammodytes, aspis + xanthina)
   -DOSIS: 2 Amp. (2 x 100 mg Fab-Fragmente) in 250 ml NaCl
    über 1 h i.v.; evtl. nochmals selbe Dosis.
  -b) European Viper Venom Antiserum Zagreb Kroatien
    (gegen V.amodytes, V. aspis, V.berus, V.lebetina; V
    xanthina, V.ursinii) (14)
  -c) Siero antiofidico tetravalente purificato (Fa. Sclavo
   Siena Italien) als Ersatz für "Europaserum-Behring"
   gegen V.amodyte, V.aspis, V.berus, V.ursinii
   -Allergietest: nicht mehr empfohlen; Allergieprophylaxe
    mit Kortikoid + Antihistamin H1 + H2 (11)
   -NEBENWIRKUNGEN der Nicht-Fab-Antiseren Allergie + Serum-
    Krankheit: bei 30x Europaserum Behring (6) 1x anaphylak-
    tischer Schock trotz neg i.c.Test, 1x Serumkrankheit
    nach 10d, 1x pos. Allergietest ohne Serumgabe

MERKMALE
- Sichere Merkmale: Kopf dreieckig deutlich gegenüber
  schlankerem Hals abgesetzt. Wie alle Viperiden senkrechte,
  schlitzförmige Pupillen.
- ungiftige Ringelnatter hat gelbe Backen+runde Pupillen
- KREUZOTTER: Schlanke, ca 60 cm (bis max. 80 cm ) lange
  Schlange, mitgrauer, brauner oder roter Grundfarbe, am
  Rücken schwarzes Zickzackband (außer bei schwarzen Formen)
  

VORKOMMEN
Skandinavien, England, Mittel- und Osteuropa, Sibirien bisPazifik (incl. Schantar und Sachalin); Vordringen
bis zum Polarkreis.
--Lebensraum: Regionen mit gemäßigt-kühlem Klima und hoher  
  Luftfeuchtigkeit: Moore, Sümpfe, Bergwiesen, Wald-
  ränder,Feldraine, Steinbrüche, im Gebirge bis 3000 m.  

TOXIN
Das Gift der Kreuzotter ist ein Gemisch von Enzymen, wiez.B. Phospholipase, L-Aminosäureoxidase, Phosphodiesterase, Peptidasen u.a., die zu raschem Blutdruckabfall, Störungen der Blutgerinnung oder zu einer Zerstörung von Blutgefäßen und Geweben führen (2).

SYNONYME
Kreuzotter; adder; common viper; Höllenotter; Kupferotter; Bergotter; Kleinasiatische Bergotter; Ottoman viper; Vipera xanthina; Sandviper; Vipera ammodytes; Vipera latasti; Latastes viper; Wiesenotter; Vipera ursinii; meadow vper;  

GRUPPENZUGEHÖRIGKEIT
Schlangen giftige; Viperidae; Tiere giftige; Schlangen giftige Europa;

LITERATUR

1 Mebs D: Gifttiere, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 1992, S. 201.


2 I. Claus, D. Mebs: Schlangengift-Toxine, Naturwissenschaftliche Rundschau, 44. Jahrgang, Heft 1,1991. 3. Mühlendahl Vergiftungen im Kindesalter Enke  1995


4. BGA Stoffkarte Vipera Berus 1978


5. Micromedex Poisindex Sep. 1995


6. GIZ-Mü-Fälle siehe KASUISTIK F4


7. schrift. Mitteilung Schwed. poisoncontrollcenter 9.95


8. Bunjes; Bericht über die Tagung in London/März 1994:


  Current and future treatment of vipera berus Gift-Info


  B-Gift Berlin 1995


9. Therapeutic antibodies: investigators mannual


  Vipera berus antivenom 1994


10. Persson H; Irestedt B: A study of 136 cases of adder


   bite treated in Swedish hospitals during 1 year;


   Acta med. scand 1981; 210: 433-9


11. Meier J; White J: Handbook of Clinical toxicology of


  animal venoms and poisons; CRC Press 1995


12 Karlson-Stiber C; Persson H: Antivenom treatment in


  Vipera berus envenom- report of 30 cases


  J. internal med. 1994; 235: 57-61


13. Karlson-Stiber C; Persson H et. al.: First clinical experineces with specific sheep Fab-fragments in snakebite. Report of a multicenter study of Vipera berus envenoming


Journla internal med. 1997 241: 53-58


14. Packungsbeilage Europea Viper antivenom antiserum


   Zagreb Croatia, Inst. of Imunollogy