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DIFFERENTIALDIAGNOSE DER PILZVERGIFTUNG

Kleber JJ; Haberl B; Zilker TH; 2000

Generell zu unterscheiden sind 6 Stunden und später nach der Pilzmahlzeit auftretende Beschwerden von früh auftretenden Beschwerden 30 Minuten bis 4 höchstens 6 Stunden nach Pilzgenuß; die früh auftretenden Beschwerden sind in der Regel durch nicht lebensbedrohliche Pilzvergiftungen verursacht; die spät nach der Pilzmahlzeit beginnenden Vergiftungsbeschwerden (6-20 Stunden bis 10 Tage) können lebensbedrohliche Pilzvergiftungen werden.

MAGEN-DARM-PROBLEME BIS 4 STUNDEN NACH PILZMAHLZEIT

Treten Beschwerden kurz nach einer Pilzmahlzeit auf (15-30 Minuten bis 4 Stunden später) muß man an mehrere Pilzvergiftungssyndrome denken. Werden nur oder hauptsächlich Magen-Darm-Störungen nach einer Pilz-Mahlzeit verursacht,Fliegenpilz kann es sich um eine ALLERGIE auf den entsprechenden Pilz handeln, oder um eine PILZ-UNVERTRÄGLICHKEIT, oder um eine LEBENSMITTELVERGIFTUNG oder um eine Magen-Darm-Störung durch einen GIFTIGEN PILZ (das GASTROINTESTINALE PILZSYNDROM).
Die verschiedenen GIFTPILZE die ein gastrointestinales Pilzsyndrom mit früher Latenz verursachen können finden Sie in der PILZDATENBANK unter PILZVERGIFTUNG MIT MAGENDARMREIZUNG.
Beim PILZ-MUSKARINSYNDROM kommt es nach 15 Minuten bis 2 Stunden nach der Pilzmahlzeit plötzlich zu Übelkeit, Erbrechen, Magenschmerzen, Schweißausbruch und Speichelfluss; es wird am häufigsten verursacht durch Risspilze.
Beim PAXILLUS-SYNDROM kommt es in seltenen Fällen 1-2 Stunden nach der Pilzmahlzeit zu schweren Magen-Darm-Probleme und einer manchmal lebensbedrohlichen antikörperverursachten Blutauflösung; häufiger sind harmlose Unverträglichkeitsreaktionen nach Kremplingsmahlzeit mit alleiniger Magen-Darm-Symptomatik, die vor allem auftreten wenn der Pilz nicht oder ungenügend gekocht genossen wird.

PILZ-ALLERGIE

Die betroffene Person hat kurze Zeit nach einer Pilzmahlzeit (nach 15 Minuten bis ca. 4 Stunden) Magendarmprobleme mit Erbrechen, Durchfall und Magenschmerzen; zusätzlich können Hautquaddeln, asthmatische Atembeschwerden und in schlimmen Fällen sogar ein Blutdruckabfall auftreten.
Eine Pilzallergie kann nach jedem Pilz, bevorzugt nach Speisepilzen auftreten; typischerweise ist nur 1 Person nach einer Pilzmahlzeit betroffen, die schon bei früher diesen Pilz gegessen hat.

PILZ-UNVERTRÄGLICHKEIT

Bis 4 Stunden nach der Pilzmahlzeit treten nach ungenügendem Kochen und bei zu großer Pilzmenge leichte bis mittelschwere Magen-Darmprobleme auf und eine langsam einsetzende Diarrhö.
Die Pilzunverträglichkeit ist bei einigen schwer verdaulichen Pilzen häufig, besonders wenn diese nicht lange genug gekocht wurden. Es können mehrere Personen einer Pilzmahlzeit betroffen sein. Die Unterscheidung zum GASTROINTESTINALEN PILZSYNDROM mit kurzer Latenz ist manchmal nicht eindeutig möglich.

LEBENSMITTELVERGIFTUNG

Bei unsachgemäßer Lagerung können im leicht verderblichen Pilzeiweiß bakterielle Giftstoffe entstehen die Übelkeit, Erbrechen und Durchfall verursachen könnnen, siehe ->Lebensmittel allgemein<-

PSYCHIATRISCHE UND NEUROLOGISCHE SYMPTOME BIS 4 STUNDEN NACH PILZMAHLZEIT

Bei dem FLIEGENPILZ- PANTHERPILZ- SYNDROM kommt es 1/2 bis 3 Stunden nach der Pilzmahlzeit zu Sehstörungen, Trunkenheitsgefühl, motorischer Unruhe bis zu Krampfanfall und Koma; psychisch sind Halluzinationen, Angst und Wutanfälle möglich.
Das PSILOCYBINSYNDROM ist meist willkürlich durch Drogen-Pilz-Abusus verursacht und tritt nur ausnahmsweise nach einer Pilzmahlzeit durch Verwechslung auf. Typischerweise kommt es schon 30 bis 60 Minuten nach der Pilzmahlzeit zu starken Halluzinationen, Panikattacken, weiten Pupillen und schnellem Herzschlag.

BESCHWERDEN NACH PILZMAHLZEIT UND ALKOHOL

Beim Coprinus-Syndrom kommt es bei Alkoholgenuss innerhalb Stunden bis zu 2 Tagen nach der Pilzmahlzeit zu Gesichts- und Hautrötung, Kopf- und Herzschmerzen, die 20 Minuten bis 2 Stunden nach dem Alkoholgenuss auftreten und in seltenen Fällen sogar lebensbedrohlich werden können.

SPÄT EINSETZENDE PILZVERGIFTUNGEN (über 6 Stunden nach Pilzmahl)

Die wichtigen möglicherweise lebensgefährlichen Pilzvergiftungen zeigen erste Beschwerden frühestens nach 6 bis 8 Stunden, oft erst nach 8 bis 18 Stunden; bei den nierengiftigen Schleierlingen (Cortinarien) treten erste Symptome sogar erst 1-2 Tagen bis zu über einer Woche nach der Pilzmahlzeit auf.
AMATOXINSYNDROM: (6) bis 8-12 Stunden seltener bis zu 24 Stunden nach der Pilzmahlzeit tritt heftiges wiederholtes Erbrechen und für 6-9 Stunden anhaltende Diarrhoe auf; nach trügerischer Besserung entsteht 1 bis 2 Tage nach der Pilzmahlzeit ein zunehmender Leberschaden, in schweren Fällen bis zum Leberzerfall.
Verursachend sind nicht nur die giftigen Knollenblätterpilze sondern auch einige Schirmlingsarten sowie die braunen Häublinge.
GYROMITRA-SYNDROM: (5) bis 6-12 Stunden seltener bis zu 50 Stunden nach der Pilzmahlzeit treten plötzlich krampfhafte Blähungen, Übelkeit und Erbrechen auf, das bis zu 2 Tagen anhalten kann; in schweren Fällen kommt es nach 24 Stunden zur Leberschädigung und zu Beginn zu Nervenstörungen.
ORELLANUS-SYNDROM: 36 Stunden bis 14 Tage nach der Pilzmahlzeit kommt es einer Nierenschädigung mit Rückenschmerzen, Eiweiß und Blut im Urin, in schweren Fällen bis zum Nierenversagen; als Frühsymptome klagen manche Patienten etwa 1 Tag nach der Pilzmahlzeit über Übelkeit und Erbrechen.